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8. Missionierung, Ausbreitung des Islam und
Fundamentalismus
Sachgemäß ist es zu sagen:
l „Gott
ist es, der rechtleitet“ (Sure 28,56). Demnach ist das Hinführen zum Islam
ausschließlich die Sache Gottes; nicht einmal Muhammad konnte sich anmaßen, die
anderen Menschen zu bekehren.
l Missionierung
im Sinne der Bekehrung gibt es im Islam nicht; im islamischen Theologiestudium
ist dafür kein Fach vorgesehen. Muhammad und somit die Muslime waren lediglich
gehalten, die Menschen zur Rechtleitung, d.h. zum strikten Monotheismus,
einzuladen. Diese Aufgabe heißt daͨ wa, was mit „umwerbende Einladung“
übersetzt werden kann. Dafür empfiehlt der Koran folgendes Vorgehen:
Ruf zu dem Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung und streite mit
ihnen (führe Gespräche mit vielen) auf die beste Art. (Sure 16,125)
l Erst in der
Gegenwart haben einige theologische Universitäten daͨ wa zu einem Fach
innerhalb des theologischen Studiums erhoben; dies ist sicher auch vor dem
Hintergrund des weltweiten Missionseifers der christlichen Missionare zu sehen.
l Die
Ausbreitung des Islam begann nach Muhammads Tod damit, dass die Araber sich der
erneuten byzantinischen und iranischen Kolonialisierung widersetzt haben. Wenn
diese Kriege aber eine Missionierung der Völker zum Ziel gehabt haben sollten,
stünden sie im Widerspruch zur koranischen Intention.
l Jede
Bestrebung, den Islam mit Gewalt zu verbreiten, sei es in der Geschichte oder in
der Gegenwart, kann vom Koran her nicht legitimiert werden. Sollte es einem
„Fundamentalismus“ in diesem Sinne geben, widerspricht er dem Wesen des Islam.
l Derartige
nationale Bewegungen – Besonders in der 3. Welt, nicht nur in den islamischen
Staaten – seine sie gerechtfertigt oder nicht, sind in einem politischen Kontext
der Geschichte des jeweiligen Landes zu verstehen, selbst wenn diese bestrebt
sind, religiöse Legitimationen – sei es aus der jüdischen, christlichen,
islamischen oder sogar hinduistischen Religionen – für sich in Anspruch nehmen.
Unsachgemäß ist:
l die
historisch-politisch bzw. machtpolitisch bedingten Kriege in der Geschichte und
Gegenwart als Auftrag des Koran zur Verbreitung des Islam zu interpretieren.
Solche Kämpfe haben auch zwischen Muslime stattgefunden, sogar häufiger als
zwischen Muslimen und Nichtmuslimen;
l die radikalen
Bewegungen verschiedener Gruppierungen in einigen islamischen Ländern zu
verallgemeinern und als eine gefährliche islamische Bedrohung darzustellen;
l die Unruhen
und Bürgerkriege, die sowohl in islamischen als auch in christlichen Ländern
stattfinden, von ihrem politischen Kontext zu trennen und die Anlässe dazu –
gleichgültig, ob man sie als legitim oder nicht legitim bewertet -, die in
vielfältigen internationalen und nationalen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten
zu suchen sind, zu ignorieren.
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