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letzte Änderung 15.01.2010
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(Israel - Türkei) Undiplomatischer Rüffel

Hintergrund

12. Januar 2010

Undiplomatischer Rüffel


Israel ist über die Türkei empört und hat den türkischen Botschafter in Tel Aviv vorgeladen, um ihm einen bis ins letzte Detail geplanten diplomatischen Rüffel zu erteilen. "Achten Sie bitte darauf, dass der Botschafter auf einem niedrigen Sofa sitzt, während wir auf ihn von hohen Stühlen herabschauen", erklärte der stellvertretende Außenminister Danny Ajalon den anwesenden Fotografen.

Nicht nur das. Auf dem niedrigen Tisch zwischen den israelischen Beamten, "die nicht lächeln", wie Ajalon weiter sagte, stand nur ein kleines israelisches Fähnchen und kein türkisches. Dem türkischen Gast wurde nicht einmal ein Glass Wasser angeboten. Der Botschafter musste zudem mehrere Minuten lang vor der verschlossenen Tür des Büros warten. Denn Bedienstete der Knesset hatten die üblichen Getränke und Knabbergebäck aufgefahren. Als die hohen Beamten das sahen, mussten diese kleinen Symbole einer selbstverständlichen Gastfreundschaft erst einmal wieder abgeräumt werden. Erst danach öffnete sich die Tür und der Botschafter durfte den Raum betreten. Die mit "ernster Miene" dreinschauenden israelischen Beamten schüttelten dem Botschafter nicht einmal zur Begrüßung die Hand.

Netanjahu gegen Abberufung des Botschafters

Israels Außenminister Avigdor Lieberman wollte eigentlich den israelischen Botschafter aus Ankara abrufen. Das ist in der Sprache der Diplomaten die schärfste Form des Protestes. Doch Premier Benjamin Netanjahu widersprach. Daraufhin wurde am Montag der türkische Botschafter kurzfristig in Ajalons Büro in der Knesset vorgeladen, um ihn zu erniedrigen. Fotografen und Kameraleute wurden gerufen, die Szene zu dokumentieren.

Ajalon gab persönlich die Regieanweisungen. Seine Worte, worauf die Fotografen achten sollten, die niedrige Bank für den Gast, die hohen Stühle für die Israelis, die fehlenden Getränke und das einsame Fähnchen auf dem Tisch, wurden mitgeschnitten und dienten am Dienstag im Rundfunk als Vorlage für lange Diskussionen im Radio. Da wurden Türkeiexperten, Diplomaten und Geschäftsleute befragt, ob das die "feine Art" sei. Die Zeitungen setzten ein entsprechendes Bild des peinlichen Treffens auf ihre Frontseiten. Politische Korrespondenten berichteten aus Diplomatenkreisen, dass Israel beschlossen habe, "jede Attacke auf den Staat Israel mit einer aggressiven Antwort" zu erwidern. Das entspreche der Politik gegenüber dem Gazastreifen. Jedem Raketenangriff auf Israel folgt ein Bombardement der Schmugglertunnel und anderer Ziele.

Der aktuelle Anlass für den Rüffel war das Ausstrahlen einer alten Fernsehserie mit antiisraelischen Elementen bei einem privaten türkischen Fernsehsender. Ein weiterer Grund seien beleidigende Verbalattacken des türkischen Premierministers Tayyip Erdogan auf Israel. Dessen Kampagne gegen Israel begann mit einer öffentlichen Beleidigung des israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres bei einem Wirtschaftsgipfel in Davos vor genau einem Jahr. Dieser Tage behauptete Erdogan bei einem offiziellen Besuch im Libanon, dass Israel "gezielt palästinensische Kinder ermordet". Auf diese "zügellose Kritik" des türkischen Premiers erwiderte das israelische Außenministerium: "Die Türken sind die Letzten, die dem Staat Israel und seiner Armee moralische Lektionen erteilen können, zumal Israel die moralischste Armee der Welt hat."

Israelische Kritik an Ajalon

In den israelischen Medien wurde das Verhalten des stellvertretenden Außenministers Ajalon als "geschmacklos" und "schädlich für Israel" kritisiert. Verschiedene Zeitungen berichteten, dass hinter der Erniedrigung des türkischen Botschafters eine ganz andere Absicht steckte. Außenminister Lieberman sei wütend auf Verteidigungsminister Ehud Barak, weil dieser sich weigere, einer Hochschule in Ariel im besetzten Westjordanland den Status einer Universität zu verleihen. Durch das undiplomatische Vorgehen gegen den türkischen Botschafter wollte Liebermann angeblich einen geplanten Türkei-Besuch Baraks schon im Voraus zum Scheitern bringen.

Von: Ulrich W. Sahm (Jerusalem)


13. Januar 2010

Nach türkischem Protest: Ajalon rudert zurück

JERUSALEM (inn) - Israels stellvertretender Außenminister Danny Ajalon will Protest gegenüber Diplomaten in Zukunft auf angemessene Weise äußern. Am Montag hatte er den türkischen Botschafter Ahmet Oguz Celikkol einbestellt und bewusst gedemütigt. Anlass war eine Fernsehserie, die israelische Agenten in der Türkei als Babyfänger darstellte.

"Mein Protest gegen die Angriffe gegen Israel in der Türkei bleibt gültig", ließ Ajalon mitteilen. "Doch es ist nicht meine Art, die Ehre eines Botschafters zu missachten. In Zukunft werde ich meinen Standpunkt in einer diplomatisch akzeptablen Weise deutlich machen."

Aus dem Büro des Premierministers hieß es, Benjamin Netanjahu "glaubt, dass der Protest des Außenministeriums gegenüber dem türkischen Botschafter durch den stellvertretenden Außenminister Daniel Ajalon angebracht war, aber er hätte in einer akzeptablen diplomatischen Weise übermittelt werden müssen". Der Regierungschef habe sich zufrieden über die Klarstellung des stellvertretenden Außenministers gezeigt.

Ajalon hatte den Botschafter in seinem Büro empfangen und dabei auf verschiedene Weisen deutlich gemacht, dass er seinen Gast erniedrigen wollte. So gab es nur eine israelische Flagge, und Ajalon gab dem Türken nicht die Hand. Zusätzlich machte er die Presse auf die Demütigung aufmerksam.

Israelischer Botschafter im türkischen Außenministerium

Am Dienstag wurde daraufhin Israels Botschafter in Ankara, Gabby Levy, zu einem Treffen ins türkische Außenministerium bestellt. Des Weiteren äußerte die Türkei in einem offiziellen Telegramm an die israelische Führung ihren Protest gegen den Vorfall. "Levy wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Türkei eine Erklärung und eine Entschuldigung zu der Angelegenheit erwartet", hieß es laut der Zeitung "Jediot Aharonot". "Wir hoffen, dass das israelische Außenministerium, das in seinen Äußerungen eine undiplomatische Haltung eingenommen hat, sich an die diplomatischen Regeln der Höflichkeit halten wird."

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte bei einer Pressekonferenz mit seinem britischen Amtskollegen in London: "Es mag Meinungsverschiedenheiten zwischen Staaten geben, und sie mögen sogar die Politik anderer Länder kritisieren, aber alle Länder sind verpflichtet, sich an die Regeln der diplomatischen Höflichkeit und Gepflogenheiten zu halten."

Von: E. Hausen
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