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Matti

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letzte Änderung 05.03.2010
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Erläuterung

ERLÄUTERUNG


Weibliche Motionen
Genus der Substantive
Genus der Personalpronomina
Zwischenresümee
Einzelpatriarchalismen
Andere sprachliche Erscheinungen
Im 20. Jahrhundert vollzogen sich in nahezu allen Lebensbereichen Veränderungen von einer Tragweite, wie sie die Menschheit nie zuvor erfahren hatte. Auf soziologischem Gebiet betraf dies in weiten Teilen der Welt - neben der Überwindung totalitärer Staatssysteme - vor allem einen wesentlichen Wandel in der gesellschaftlichen Stellung der Frauen. Was im 19. Jh. mit der Suffragettenbewegung begonnen hatte, als die Frauen noch ganz offiziell entmündigte Untergebene der Männer waren, führte nach dem Ersten Weltkrieg in vielen Ländern zur Durchsetzung des Frauenwahlrechts und nach dem Zweiten zur endgültigen Festschreibung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in den Verfassungen.
Diese wichtigen Meilensteine bildeten - gemeinsam mit den sich rasch ändernden ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen - jedoch nur den Ausgangspunkt eines tiefgreifenden Wandels im gesellschaftlichen Verhältnis der Geschlechter. Bis weit über die Mitte des 20. Jh. hinaus blieb die Vormachtstellung der Männer in der Gesellschaft unangetastet; erst in jüngerer Vergangenheit gelang es Frauen, sie auf breiter Ebene in Frage zu stellen. Seither beginnen die über Jahrtausende verfestigten patriarchischen Strukturen zu schmelzen und einer allgemeinen Ethik der Gleichwertigkeit von Männern und Frauen zu weichen.

Ein sehr wichtiger Faktor in diesem Prozess ist unsere Sprache. In ihrer bisherigen Form sind die Verhältnisse der Vergangenheit gleichsam konserviert, wodurch schon bei Kindern die Herausbildung patriarchalischer Denk- und Verhaltensmuster gefördert wird. Seit den Siebzigerjahren des 20. Jh. gibt es daher von Frauen initiierte Bestrebungen, die Sprache zu ändern, und ein neuer Forschungszweig - die feministische Linguistik - entstand. Bisheriges Ergebnis dieses Bemühens ist ein Wandel gewisser sprachlicher Gepflogenheiten in einem Teil der Gesellschaft. Luise F. Pusch nennt drei Herangehensweisen, durch die sich die sprachliche Geschlechter-Ungerechtigkeit reduzieren lässt, ohne gegen überkommene grammatische Regeln zu verstoßen:

a) Differenzierung, d.h. explizite Erwähnung beider Geschlechter, z.B. 'Leserinnen und Leser', 'LeserInnen' u.ä;.

b) Neutralisierung, d.h. Ersatz von männlich konnotierten Substantiven durch geschlechtsneutrale Partizipialformen, z.B. 'Studierende' statt 'Studenten';

c) Abstraktion, z.B. 'Direktion' statt 'Direktor'.

(u.a. in L.F.Pusch, "Die Frau ist nicht der Rede wert")

Nahezu unangetastet geblieben ist bislang jedoch die Grundstruktur unserer Sprache, welche den Frauen eine ethische Wertstellung beimisst, die weit unter jener der Männer liegt. Zur Überwindung dieses Zustandes möge die vorliegende Veröffentlichung einen Beitrag leisten. Die hier abgedruckten Märchen sind in einem fertigen entpatrifizierten Neuhochdeutsch wiedergegeben, einem Deutsch also, dem eine genau gleiche ethische Wertstellung von Männern und Frauen zugrunde liegt.
Ob sich diese Sprache exakt in der hier vorgestellten Form durchsetzen wird, steht dahin. Da aber das Ziel der umfassenden Gleichberechtigung nicht ohne gerechte Sprache zu erreichen ist, bin ich zuversichtlich, dass zumindest ihre wesentlichen Elemente in nicht allzu ferner Zukunft Eingang in die deutsche Standardsprache finden werden.

Die Zurücksetzung und ethische Abwertung der Frauen im hergebrachten Deutsch beruht - neben zahlreichen Einzelpatriarchalismen - auf drei grammatischen Strukturen, die ich im folgenden beschreiben möchte:

1)WEIBLICHE MOTIONEN

[zurück zum Anfang der Erläuterung]
Die Männer haben in Personenbezeichnungen das Monopol auf die Grundform, während die Frauen auf eine sog. movierte Form (meist Grundform + Nachsilbe '-in') abgedrängt wurden. Diese Erscheinung ist - in unterschiedlicher Ausprägung, aber ihrem Wesen nach identisch - in den meisten, wenn nicht in allen Sprachen der Erde anzutreffen. Hier einige Beispiele:
Russisch:                  učitel' - učitel'nica          	(Lehrer - Lehrerin)
Niederländisch:          	loper -  loopster                	(Läufer - Läuferin)  
Indonesisch:                guru -  bu guru                	(Lehrer - Lehrerin)
Chinesisch:              jiào shī -   jiào shī            	(Lehrer - Lehrerin)
Ungarisch:                 tanár -  tanár                	(Lehrer - Lehrerin)
Suaheli:                     weta -  weta wa kike       	(Kellner - Kellnerin)
Spanisch:                  señor -  señora                 	(Herr - Frau)
Englisch:                     man -  woman                 	(Mann - Frau)
Die Position des Merkmals der weiblichen Form ist hierbei nicht erheblich, auch nicht, ob es sich dabei um ein selbstständiges Lexem mit der Bedeutung 'Frau' bzw. 'weiblich' oder nur um ein Affix handelt. Entscheidend ist lediglich, dass die Grundform - der Gattungsname bzw. die eigentliche Funktionsbezeichnung - den Männern vorbehalten ist.

Die umgekehrte Struktur - eine aus der weiblichen Grundform gebildete männliche Ableitung - findet sich dagegen nur in Ausnahmefällen, die durch bestimmte Sachverhalte erklärbar scheinen. Im Deutschen und in anderen indoeuropäischen Sprachen betrifft dies z.B. das Begriffspaar 'Witwe - Witwer' (englisch: 'widow - widower'). Da sich die Männer in der Geschichte in Kriegen und Plänkeleien scharenweise gegenseitig umbrachten, aber auch bei anderen gefährlichen Unternehmungen (Seefahrten, Bergbau, Holzfällerei etc.) in großer Zahl zu Tode kamen, gab es in den meisten Zeiten mehr verwitwete Frauen als Männer - daher wohl die weibliche Grundform 'Witwe'.

Eine gewisse Ausnahme zur eben genannten strukturellen Regel stellt dagegen das Wortpaar 'Braut - Bräutigam' dar, denn dieses ist ein besonderes Dokument der androzentrischen (auf die Männer fixierten) Prägung unserer Sprache. Der zweite Bestandteil in 'Bräutigam' hat sich aus dem schon im Mittelalter untergegangenen Wort 'gomo' entwickelt, welches 'Mensch' (d.h. „natürlich 'Mann') bedeutete und engstens mit lateinisch 'homo' verwandt war. Der 'Bräutigam' (althochdeutsch: 'brutigomo') ist also ursprünglich der „Brautmensch“. Demzufolge war die Braut ('brut') gewissermaßen das Objekt der Beschäftigung des Mannes - etwa so, wie für einen 'Spielmann' Objekt seiner Beschäftigung das 'Spiel', d.h. die Musik, ist.

In der englischen Sprache finden sich zwar nur relativ wenige Beispiele weiblicher Motionen und motionsähnlicher Formen, doch betrifft dies u.a. die für das ethische Wertverhältnis der Geschlechter essentiellen Begriffspaare 'man - woman' und 'male - female'.
Die Ableitung 'woman' (altengl.: 'wifmann' u.ä. [„Weibmensch“]) aus 'man' - was ja zugleich 'Mann' und 'Mensch' bedeutet - lässt sich verschieden interpretieren, doch impliziert sie in jedem Fall eine Abwertung der Frauen: 'so etwas Ähnliches wie ein Mensch', „Untermensch“ oder auch 'etwas, das zum Menschen gehört'. Zwar kann auch versucht werden, diese Struktur zugunsten der Frauen auszulegen, z.B. als „Obermensch“ oder 'besserer Mensch', doch ist auch das in Wirklichkeit eine Abwertung, da es sich nach dieser Logik bei Frauen nicht einfach um Menschen, sondern um eine „Sonderform““ des Menschen handelt. (Beachte hierzu auch den wahren Aussagegehalt scheinbar aufwertender Begriffe wie 'oberschlau', 'Saubermann' oder 'Besserwisser'.)
Vermutlich steht diese Struktur ursprünglich jedoch in engstem Zusammenhang mit der nur den Frauen eigenen Fähigkeit des Gebärens, bedeutet also sinngemäß: 'Mensch' vs. „Gebärmensch“. Ob letzterer Begriff aber in dieser oder einer weniger deutlichen Form wie 'woman' („Wu-Mensch“) erscheint, es läuft auf dasselbe hinaus: Die Frauen werden auf ihre Funktion als Gebärende reduziert und haben keine Möglichkeit, sich einfach als Menschen zu empfinden. Da andererseits die Männer in dieser Struktur ihr Geschlecht beharrlich verleugnen (denn sie sind ja „die Menschen“), verdrängen sie auch ebenso beharrlich ihre Verantwortlichkeit für das werdende Leben.

Dieselbe Ethik liegt allen Begriffspaaren in sämtlichen Sprachen zugrunde, bei denen einer männlich besetzten Grundform eine um ein Affix oder Wort erweiterte weibliche Form gegenübersteht, also auch den deutschen Bildungen mit '-in'. Wenngleich die ursprüngliche Bedeutung dieser Nachsilbe dunkel bleibt, fällt auf, dass sie im Mittelhochdeutschen (11. - 14. Jh.) bisweilen mit dem Verkleinerungssuffix identisch ist. Im Wort 'künegîn' (Königin) z.B. weist sie auf eine weibliche Person hin, während sie in 'magedîn' bzw. 'magetîn' das Diminutiv von 'maget' (junge, unverheiratete Frau niederen Standes) bezeichnet, welches die Urform des neuhochdeutschen Wortes 'Mädchen' darstellt. Ein vergleichbares Beispiel ist das Wort 'sluzzelîn' ('Schlüsselchen') in dem bekannten Liebesgedicht „Dû bist mîn, ich bin dîn“ aus dem 12. Jh. („... verlorn ist daz sluzzelîn ...“). Die gleiche Überschneidung hat sich im Englischen vereinzelt bis heute bei der Nachsilbe '-en' erhalten: 'chicken' (Küken) ist Verkleinerungsbildung zu 'cock' (vgl. 'Gockel'), dagegen ist 'vixen' (Füchsin) die weibliche Motion zu 'fox'.
Ersetzen wir im Deutschen einmal die movierten durch die Diminutivformen z.B. 'Lehrerin' durch 'Lehrerchen' oder 'Künstlerin' durch 'Künstlerchen' , so spiegelt sich darin auch tatsächlich ein wesentlicher Aspekt des von den Männern geprägten Frauenbildes in der patriarchalischen Gesellschaft: liebenswürdig, aber nicht (ganz) für voll zu nehmen.

Die bisherige, in der androzentrischen Ethik erstarrte Struktur unserer Sprache lässt kaum eine emanzipatorische Korrektur durch organischen Sprachwandel zu. Sie gestattet im wesentlichen nur die Vermeidung krass patriarchalischer Ausdrucksweisen, umständliche Doppelformen ('... der/ die ...', '... jedem/jeder ...' usw.) sowie das Anfügen der weiblichen Motionsendung an Substantive. Letzteres trägt zwar ebenso wie die Doppelformen zur Überwindung des vorangegangenen Zustandes bei, in welchem die Frauen sprachlich ins Abseits gedrängt wurden, es impliziert jedoch zugleich einen bedenklichen Aspekt: Durch die Verbreitung von Formen wie 'LeserInnen', 'Lehrer/innen' u.ä. wird die strukturelle Abwertung der Frauen nämlich nicht überwunden, sondern eher noch konsolidiert.

Um die erwähnte Erstarrung aufzubrechen, wird seitens der feministischen Linguistik gegenwärtig die konsequente totale Feminisierung empfohlen. Dies halte ich für einen durchaus sinnvollen Weg, soweit es die Pronomina und einige andere Wortarten betrifft ('Jede, die ...' statt 'Jeder, der ...'; '... eine ...' statt '... einer ...'; 'frau' statt 'man' u.ä.). Für die motionsfähigen Substantive (z.B. 'die Leserinnen' statt 'die Leser') kann dies jedoch kein tauglicher Lösungsansatz sein. Der Versuch, die weibliche movierte Form auf '-in' zur Grundform und die eigentliche Grundform zur männlichen „Schrumpfform“ o.ä. zu erklären, ist nämlich nicht nur umständlich, sondern läuft zugleich der in der Sprache (d.h., in allen Sprachen) angelegten Logik zuwider, wonach die kürzeste Form stets die allgemeinste und umfassendste ist, während jede morphologische Erweiterung eine Spezialisierung und Einschränkung bedeutet. Diese Logik wurde in der Vergangenheit von den Männern (auf einer unbewussten Ebene) zwar fast immer in androzentrischem Sinn ausgenutzt, jedoch nicht von ihnen „gemacht“!

Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Der Begriff 'Haus' schließt praktisch alle Arten von Gebäuden ein, die durch Menschen errichtet wurden. Was auch immer wir an dieses Wort anfügen, es bedeutet eine Spezialisierung, durch die eine gewisse Zahl anderer Gebäude ausgeschlossen wird: Ziegelhaus, Lehmhaus, Reihenhaus, Gartenhaus, Wohnhaus, Lagerhaus, Hochhaus usw. dasselbe gilt für 'Häuschen', denn ein Häuschen hat gewöhnlich nur ein Erdgeschoss, womit alle mehrstöckigen Gebäude ausgeschlossen werden. (Der Umlaut tut hier nichts zur Sache; es könnte theoretisch auch „Hauschen heißen.)
Stellen wir uns einmal eine kleine Stadt als eine isolierte sprachliche Oase, ohne Einflüsse von außerhalb, vor. In dieser Stadt gibt es etliche zweistöckige Gebäude, aber auch einige Hochhäuser (wobei die Gesamtzahl der Bewohner in beiden Gebäudetypen etwa die gleiche ist). Die Leute aus den ersteren reden stets von 'Häusern', wenn sie ihre niedrigen Gebäude meinen, aber auch, wenn sie alle Gebäude der Stadt meinen. Nur wenn konkret von den Hochhäusern die Rede ist, sagen sie 'Hochhäuser'. Das ärgert die Bewohner der letzteren, und sie sehen darin völlig zu recht eine Diskriminierung. Würden sie dann auf den Gedanken kommen, das Wort 'Hochhaus' zur Grundform und 'Haus' zur „Schrumpfform“ zu erklären? Wohl kaum, sondern ihr Stolz würde ihnen gebieten, sich zu sagen: Nur unsere zwanzigstöckigen Gebäude sind die „wahren“ Häuser, die anderen sind 'Niedrighäuser'. Aus Effizienzgründen würde sich nach einiger Zeit vermutlich eine etwas kürzere Form durchsetzen, z.B. 'Niedhäuser'. Dies hätte zweifellos Auswirkungen auf die sprachlichen Gepflogenheiten aller dort lebenden Menschen, und allmählich würden auch die Bewohner der zweistöckigen Gebäude einsehen, dass alle Gebäude der Stadt Häuser sind, dass es aber Hochhäuser und Niedhäuser gibt.
Würden die Hochhausbewohner dagegen den zuerst genannten Weg wählen, könnte z.B. folgendes geschehen: Angenommen, sämtliche Gebäude der Stadt sind in einem desolaten Zustand und bedürfen dringend der Ausbesserung, wofür hier in allen Fällen die Stadtverwaltung zuständig ist. Machen die Bewohner der zweistöckigen Häuser eine Eingabe, so schreiben sie: „Alle Häuser der Stadt müssen renoviert werden. Selbst wenn sie dabei in erster Linie an ihre eigenen Häuser denken, und selbst wenn auch die Stadtverwaltung die Hochhäuser zuletzt berücksichtigt (weil dort kaum jemand von ihren Angestellten wohnt), so sind diese in die Forderung, alle Häuser zu renovieren, doch ausdrücklich eingeschlossen. Schreiben nun aber die Hochhausbewohner: „Alle Hochhäuser der Stadt müssen renoviert werden“, so können sie später noch so sehr beteuern, sie hätten ja eigentlich alle Gebäude der Stadt gemeint es wird ihnen wohl kaum jemand glauben. Falls dieses sprachliche Missverständnis dazu führt, dass die Stadtverwaltung tatsächlich nur die Hochhäuser renovieren lässt, würden sie sich damit dem begründeten Vorwurf egoistischen und unsozialen Verhaltens aussetzen und die Wut der anderen Einwohner der Stadt auf sich ziehen.
Davon abgesehen werden die Hochhausbewohner wegen ihrer sprachlichen Diskriminierung zwar unter Umständen das Mitgefühl einzelner Leute aus den niedrigen Gebäuden wecken, so dass diese aus Solidarität anfangen, auch ihre eigenen, zweistöckigen Häuser 'Hochhäuser' zu nennen, sie werden es aber niemals schaffen, dass alle Leute in den Vierteln mit den niedrigen Gebäuden dies tun, weil es nämlich viel zu umständlich und zugleich völlig unsinnig ist.
Wenn dieser Vergleich auch ebenso hinkt wie alle Vergleiche, hoffe ich damit doch deutlich gemacht zu haben, worauf eine solche Sprachpolitik hinausläuft: auf ein hoffnungsloses kräftezehrendes Schwimmen gegen den Strom der Sprache, mit dem sich die Frauen letztlich selbst keinen Gefallen tun. Die Lösung liegt also in einem anderen Weg, und diesen möchte ich im folgenden Abschnitt erläutern.

Sowohl unter Männern als auch unter Frauen scheint die Auffassung weit verbreitet, das Suffix '-er' (desgl. '-ler', '-ner') vieler auf Menschen bezogener Substantive sei eine originär männliche Nachsilbe. Das ist aber nicht der Fall, sondern es handelt sich bei Bildungen mit diesem um die - lediglich von den Männern „okkupierten“ - sog. Nomina agentis, welche die Person bezeichnen, die etwas betreibt ('Lehrer': eine Person, die lehrt; 'Verkäufer': eine Person, die verkauft; 'Schüler': eine Person, die eine Schule besucht etc.). Es bezieht sich also in Wirklichkeit auf alle menschlichen Wesen, welche die jeweilige Funktion innehaben, d.h. auf Frauen ebenso wie auf Männer (bzw. auf Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts).
Folglich kann die bestehende sprachliche Ungerechtigkeit nur dadurch überwunden werden, dass die Frauen die bislang männlich konnotierten Grundformen auch für sich vereinnahmen, indem sie zunehmend von sich sagen „Ich bin Verkäufer“, „Ich bin Lehrer“ usw. (und so deren männliche Prägung systematisch aushöhlen), gleichzeitig aber auch die Männer auf eine männliche movierte Form verweisen. In der hier vorgestellten Sprache benutze ich für diese männliche Motion die Nachsilbe '-is' (Plural: '-isse'). Wo die Funktion im Vordergrund steht, kann die Grundform ('Lehrer', 'Verkäufer' etc.) benutzt werden; ist es dagegen angebracht oder notwendig, das Geschlecht der Person zu erwähnen, die diese Funktion innehat, so stehen dafür die movierten Formen ('Verkäuferin - Verkäuferis', 'Lehrerin - Lehreris' usw.) zur Verfügung.

Damit bietet sich Feministinnen zugleich eine Möglichkeit zur Erlangung kompensatorischer Gerechtigkeit, wie sie bisweilen gefordert wird, um einen Ausgleich für die jahrtausendelange sprachliche Abwertung und Zurücksetzung der Frauen zu erreichen. Sie besteht darin, dass Frauen die Grundform nunmehr ausschließlich für sich benutzen können, während sie die Männer stets in der movierten Form erwähnen, z.B.: „Liebe Kollegisse und Kollegen!“ (Vgl. 'Häuser - Niedrighäuser').

Es sind allerdings weitere Änderungen der Grammatik erforderlich, denn die Grundformen können sich nicht gleichermaßen auf Frauen wie auf Männer beziehen, solange der generische Artikel ein männlicher ist, solange es also heißt: 'der Lehrer', 'der Verkäufer' usw. Damit komme ich zur zweiten patriarchischen Struktur im Deutschen, dem Genus oder grammatischen Geschlecht.

2) DAS GENUS DER SUBSTANTIVE

[zurück zum Anfang der Erläuterung]
Das grammatische Geschlecht ist vor allem der semitischen (Arabisch, Hebräisch) und der indoeuropäischen Sprachfamilie eigen. Zur letzteren zählen fast alle europäischen und viele Sprachen Asiens. Sie alle haben sich offenbar aus einer gemeinsamen Ursprache entwickelt, welche vermutlich vor fünf- bis sechstausend Jahren gesprochen wurde, anfangs vielleicht nur von einigen hundert oder tausend Menschen.
Dies erklärt, warum das grammatische Geschlecht heute eine weit verbreitete sprachliche Erscheinung ist. Nichtsdestoweniger ist es unter kommunikativem Gesichtspunkt völlig nutzlos und geradezu widersinnig. Denn ob wir (im Nominativ) z.B. die, das oder der 'Frau' sagen, der, die oder das 'Mann', das, der oder die 'Kind' - die übermittelte Information bleibt dieselbe. (Ein Mann wird schließlich noch lange nicht zur Frau, wenn wir statt 'der Mann' sagen: 'die Mann'.)
Während jedoch für die soeben genannten Begriffe eine Klassifizierung nach dem Geschlecht zwar überflüssig ist, aber noch vertretbar erscheint, ist sie bei Leblosem und Abstraktem wirklich absurd. Es wird sich niemals ein vernünftiger Grund finden lassen, warum es z.B. heißt: 'der Kasten' aber 'die Kiste', 'das Tor' aber 'die Tür', 'die Idee' aber 'der Gedanke' usw.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die meisten dieser Substantive in den vergangenen Jahrtausenden eine oder mehrere „Geschlechtsumwandlungen“ vollzogen haben, so dass ihr Genus heute in vielen Fällen von einer indoeuropäischen Sprache zur nächsten variiert. Der Begriff 'Sonne' sei hier stellvertretend für zahllose andere genannt: deutsch 'die Sonne' (weiblich), französisch 'le soleil' (männlich), polnisch 'to słońce' (sächlich).

Folgerichtig zeichnet sich im gesamten Verbreitungsgebiet der indoeuropäischen Sprachen eine Tendenz zur Überwindung des Genus ab. Aus mehreren Sprachen des indoiranischen (d.h. asiatischen) Zweiges ist es bereits vollständig verschwunden (Armenisch, Persisch, Paschto u.a.), während eine noch größere Zahl von Sprachen in diesem Raum heute kein Neutrum oder sächliches Geschlecht mehr kennt.
Dieselbe Erscheinung - Verlust des Neutrums - ist im europäischen Zweig in den baltischen (Litauisch, Lettisch) und den romanischen Sprachen zu verzeichnen, so dass im Nordosten und im Süden/Südwesten Europas nur noch zwischen Maskulinum und Femininum unterschieden wird. Dagegen sind im Schwedischen und Dänischen - formal auch im Niederländischen (sowie in niederdeutschen Mundarten) - männliches und weibliches zu einem gemeinsamen Geschlecht (Utrum) verschmolzen, das nur noch in Opposition zum Neutrum (Ne-Utrum) steht. Die bisher einzige europäische Sprache, die das Genus der Substantive vollständig überwunden hat (indem nur noch je ein bestimmter und unbestimmter Artikel benutzt wird), ist das Englische.

Wie im Deutschen deutlich zu erkennen ist, dient das Genussystem im Grunde ausschließlich der sprachlichen Stützung des Patriarchats, da nicht nur alle essentiellen und Grundbegriffe dem männlichen Geschlecht zugeordnet sind ('der Mensch', 'der Bauer', 'der Direktor', 'der Gott' usw.), sondern auch für allgemeine Wendungen traditionell das Maskulinum benutzt wird ('Jemand, der ...'; 'Jeder, der ...'; 'Wer ..., der ...' usw.). In den vergangenen Jahrhunderten wurden Frauen zudem des öfteren dem Neutrum zugeordnet und so zusätzlich abgewertet (verkindlicht bzw. „versächlicht): 'das Mensch', 'das Gudrun' usw.

Formale sprachliche Gleichbehandlung von Männern und Frauen ist daher am ehesten zu erreichen, wenn das Genussystem aufgegeben wird. Dies ist bei etwas gutem Willen sehr leicht zu bewerkstelligen, es verlangt lediglich ein wenig Umgewöhnung. Im hier vorgestellten entpatrifizierten Deutsch benutze ich analog zum englischen 'the' statt der drei bestimmten Artikel 'der', 'die' und 'das' nur noch einen, und zwar 'die'.
Da sich die deutsche Grammatik von der englischen aber u.a. durch ihr Kasussystem unterscheidet, sind für die Beugungsfälle flektierte Formen des Artikels erforderlich. Diese lauten: 'der' (im Genitiv), 'dem' (Dativ) und 'den' (Akkusativ). Alle vier Formen gelten sowohl im Singular als auch im Plural.
Damit ergibt sich folgendes für alle Substantive identisches Beugungsschema des Artikels:

Nominativ        Genitiv   	  Dativ              Akkusativ
die Frau	     der Frau 	  dem Frau	      den Frau
 die Frauen	      der Frauen         dem Frauen    den Frauen

die Mann         der Mann 	  dem Mann       den Mann
  die Männer      der Männer       dem Männer    den Männer

die Kind 	     der Kind 	  dem Kind 	       den Kind
 die Kinder 	      der Kinder 	     dem Kinder      den Kinder

Diese Aufteilung ist insofern gerecht, als es sich bei den Artikeln in Nominativ und Genitiv um bisher weibliche, in Dativ und Akkusativ dagegen um bisher männliche Formen handelt. Männern und Frauen wird also ein etwa gleiches Maß an Umgewöhnung zugemutet, und das Ergebnis ist eine Sprache, in der beide Geschlechter formal gleich zur Geltung kommen.

Da durch den Wegfall des Genus bei substantivisch gebrauchten, personalisierten Adjektiven und Partizipien das Geschlecht nicht mehr durch den Artikel indiziert werden kann (der bzw. die 'Jüngste', der bzw. die 'Abgeordnete' usw.), können auch für diese Wortarten die Motionssuffixe benutzt werden: 'die Jüngstis - die Jüngstin', 'die Abgeordnetis - die Abgeordnetin' usw. Die Formen auf '-e' ('die Jüngste', 'die Abgeordnete' etc.) sind geschlechtsneutral und können benutzt werden, wenn das Geschlecht der betreffenden Person bekannt oder unwichtig ist.

3) DAS GENUS DER PERSONALPRONOMINA

[zurück zum Anfang der Erläuterung]
Eine weitere Eigentümlichkeit der indoeuropäischen Sprachen ist die Dreiteilung der Personalpronomina in der 3. Person. In den germanischen Sprachen hat sich diese nur im Singular gehalten (deutsch: er, sie, es - analog sind der, die, das gebildet); andere Sprachen dieser Familie unterscheiden jedoch auch noch in der 3. Person Plural zwischen „ers“, „sies“ und „esses“ (z.B. Griechisch) oder zumindest zwischen zwei dieser Formen (Französisch, Polnisch u.a.). So wird im Französischen eine Gruppe von Frauen mit 'elles' („sies“) bezeichnet; gesellt sich zu dieser Gruppe aber nur ein einziger Mann, muss über sie mit 'ils' („ers“) berichtet werden - eine geschlechtsneutrale Form gibt es nicht.
Dagegen kennen etliche Sprachen aus anderen Familien als der indoeuropäischen in der 3. Person auch im Singular für alle Menschen nur ein einziges Pronomen (Ungarisch, Türkisch u.a.), was unter kommunikativem Gesichtspunkt auch ausreicht. Schließlich können wir ein Personalpronomen (oder persönliches Fürwort) nur benutzen, wenn - zumeist aus dem zuvor Erwähnten - deutlich wird, auf wen es sich bezieht. Somit wissen wir auch, ob es sich dabei um ein weibliches oder ein männliches Wesen handelt.

In ethischer Hinsicht erfüllt die Aufspaltung dieses Pronomens nach dem Geschlecht denselben Zweck wie das Genus der Substantive: Sie dient vor allem der sprachlichen Stützung des Patriarchats. Alle Substantive mit maskulinem Genus bedingen auch die Benutzung des männlichen Personalpronomens ('der Mensch - er', 'der Bauer - er', 'der Direktor - er', 'der Gott - er' usw.), und dieses ist zugleich die generische Form in allgemeinen Wendungen, z.B.: „Wer nicht haben kann, was er mag, der muss mögen, was er hat.
In der hier vorgestellten Sprache werden daher in der 3. Person Singular nur noch zwei Personalpronomina benutzt, eine belebte und eine unbelebte Form (anders ausgedrückt: ein persönliches und ein sächliches Fürwort). Ersteres wird für alle Lebewesen benutzt, d.h. für Menschen (Frauen, Männer und Kinder gleichermaßen), Tiere und Pflanzen sowie für belebte Kollektiva ('Herde', 'Volk', 'Wald' usw.). Dieses Pronomen lautet 'sie' und wird dekliniert: sie - ihr ihm – ihn.

die Frau, 	die Mann, 	die Pferd, 	die Tulpe, 	die Volk 	usw.  -->  sie
der Frau, 	der Mann, 	der Pferd, 	der Tulpe,	der Volk 	usw.  -->  ihr
dem Frau, 	dem Mann, 	dem Pferd, 	dem Tulpe, 	dem Volk 	usw.  -->  ihm
den Frau, 	den Mann, 	den Pferd, 	den Tulpe, 	den Volk 	usw.  -->  ihn

Ebenso wie das Schema des bestimmten Artikels besteht dieses Beugungsschema aus zwei bisher weiblichen und zwei bisher männlichen Formen. Auch hier wird also Männern und Frauen ein etwa gleiches Maß an Umgewöhnung abverlangt, und das Ergebnis ist sprachliche Gleichbehandlung.

Der einzige kleine „Nachteil" dieser Struktur besteht darin, dass die Interaktion zwischen einer weiblichen und einer männlichen Person so beschrieben werden muss, wie wir dies von der Beschreibung einer Handlung zwischen zwei Menschen gleichen Geschlechts gewohnt sind. Wollen wir z.B. ein Gespräch zwischen zwei Frauen bzw. zwei Männern wiedergeben, können wir Formulierungen wie „Sie sagte ihr ...“ bzw. „Er sagte ihm ...“ nur benutzen, wenn aus dem Kontext klar hervorgeht, welches die sprechende und welches die angesprochene Person ist. Wo dies nicht deutlich wird, müssen andere Begriffe (z.B. Namen, Funktionen) benutzt werden, um Missverständnisse zu vermeiden: „Die Nachbarin sagte ihr ...“, „Er sagte (zu) Klaus ...“ o.ä. In der hier vorgestellten Struktur gilt also zu beachten, dass Aussagen wie „Sie sagte ihm ...“ sowohl bedeuten können: „Die Frau sagte dem Mann ...“ als auch: „Die Mann sagte dem Frau ....“

Die unbelebte oder sächliche Form des Personalpronomens der 3. Person Singular bezieht sich auf alle substantivischen Begriffe, die keine eigenständigen Lebewesen repräsentieren, d.h. auf Dingliches und Abstraktes, auch auf Teile von Lebewesen (Gliedmaßen, Organe etc.). Dieses Pronomen lautet 'es' und wird dekliniert: es - er - em – en.

die Stein, die Land, die Herz, die Idee usw. --> es der Stein, der Land, der Herz, der Idee usw. --> er dem Stein, dem Land, dem Herz, dem Idee usw. --> em den Stein, den Land, den Herz, den Idee usw. --> en


Um auch in der 3. Person Plural den Akkusativ formal vom Nominativ abzusetzen und zugleich den Widerspruch zu beheben, der darin besteht, dass 'ihn' den Akkusativ repräsentiert (Singular), 'ihnen' dagegen den Dativ (Plural), wurde auch dieses Deklinationsschema verändert. Es lautet:

sie - ihr - ihmen - ihns.

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ZWISCHENRESÜMEE

[zurück zum Anfang der Erläuterung]
Die bisher genannten Maßnahmen - allen voran die Aufhebung des Genus der Substantive - stellen natürlich einen schwerwiegenden Eingriff in das grammatische Gefüge der deutschen Sprache dar. Bliebe die strukturelle Entpatrifizierung auf diese beschränkt, wäre ein Verlust an Ausdrucks- und Nuancierungsmöglichkeiten die Folge, und es käme zu einer Häufung von Missverständnissen. Daher waren zusätzliche grammatikalische Eingriffe unvermeidlich. Sie betreffen insbesondere die Endungen der Substantive und ihrer Attribute (Adjektive, Possessivpronomina etc.). Einzelheiten sind dem Abschnitt 2 ('Ergänzende adaptive Maßnahmen') des Kapitels 'Grammatische Änderungen im Überblick' zu entnehmen.
Sämtliche Änderungen erfolgten unter Berücksichtigung allgemeiner Entwicklungstendenzen der indoeuropäischen, insbesondere der germanischen Sprachen. Gegenüber dem herkömmlichen Deutsch ist die hier vorgestellte Sprache daher etwas logischer und effizienter strukturiert. Anfangs evtl. auftretende minime Verständnisschwierigkeiten sind lediglich auf mangelnde Gewöhnung und Konditionierung zurückzuführen.

Sehr vereinzelt - und in unerheblichem Maß - büßt diese Struktur gegenüber jener des patriarchalischen Deutsch an Unterscheidungsfähigkeit ein, doch betrifft dies ausschließlich bisher privilegierte männliche sowie sächliche Formen. Hören wir z.B. den Satz „Das ist sein Auto“, wissen wir sofort, dass dieses Auto einem einzelnen Mann gehört. Lautet der Satz dagegen „Das ist ihr Auto“, sind wir auf den Kontext angewiesen, um zu erfahren, ob die Rede von einer einzelnen Frau oder von mehreren Personen, z.B. einem Ehepaar, ist. Im hier vorgestellten Deutsch ist für alle Personen nur noch die zweite Aussageform möglich, denn das sächlich-männliche Possessivpronomen 'sein' entfällt. Da aber zu einer solchen Aussage praktisch in jedem Fall ein Kontext vorausgesetzt werden kann, fällt diese Einbuße nicht ins Gewicht.

Bei einer sehr kleinen Zahl von Homonymen, die sich bisher durch das Genus unterschieden (z.B. 'der See - die See', 'das Tor - der Tor'), ist diese Differenzierung nicht mehr möglich. Sollte sich die hier vorgestellte Struktur durchsetzen, würde sich dafür jedoch bald eine Lösung im Zuge eines quasi organischen Prozesses finden, indem z.B. das Wort 'See' nur noch für Binnengewässer benutzt wird und größere, internationale Gewässer ausschließlich als 'Meer' bezeichnet werden, während das ohnehin sehr veraltete Wort 'Tor' als Synonym für 'Trottel', 'Dummkopf', 'Einfaltspinsel' gänzlich ausstirbt.

Diesen unwesentlichen Nachteilen steht beispielsweise ein Gewinn an syntaktischer Freiheit durch die Einführung eines gesonderten Akkusativartikels auch für bisher weibliche und sächliche Substantive sowie für den Plural gegenüber. Das kommt insbesondere der Literatursprache zugute, doch ist es z.B. auch für wissenschaftliche Texte bisweilen von Vorteil.
Im hergebrachten Deutsch besteht diese syntaktische Freiheit lediglich für Substantive mit maskulinem Genus im Singular, was folgende Beispielsätze veranschaulichen mögen:
a) Zuerst verständigte der Kellner den Inhaber. 
b) Der Kellner verständigte zuerst den Inhaber.
c) Der Kellner verständigte den Inhaber zuerst.

d) Zuerst verständigte den Inhaber der Kellner.
e) Den Inhaber verständigte zuerst der Kellner.
f) Den Inhaber verständigte der Kellner zuerst.
Alle diese Formen sind möglich und eindeutig, da durch den Akkusativartikel die Frage 'Wer wen?' zweifelsfrei beantwortet wird. Je nachdem, wie die Aussage akzentuiert werden soll, kann zwischen diesen sechs Konstruktionen gewählt werden. Sind die handelnden Personen dagegen Frauen, bietet sich ein wesentlich weniger erfreuliches Bild:
a) Zuerst verständigte die Kellnerin die Inhaberin.
b) Die Kellnerin verständigte zuerst die Inhaberin.
c) Die Kellnerin verständigte die Inhaberin zuerst.
 
d) Zuerst verständigte die Inhaberin die Kellnerin.
e) Die Inhaberin verständigte zuerst die Kellnerin.
f) Die Inhaberin verständigte die Kellnerin zuerst.
Eindeutig im Sinne unseres syntaktischen Verständnisses (Subjekt in der Regel vor Objekt) sind hier lediglich die Aussagen a) und b); c) und f) klingen zweideutig, was jedoch durch einen klaren Kontext ausgeglichen werden kann. Dagegen dürften die Aussagen d) und e) in jedem Fall missverstanden werden.
In der hier präsentierten Sprache stellt sich dieses Problem nicht mehr, da der von der Nominativform verschiedene Akkusativartikel 'den' für alle Substantive, sowohl in Singular als auch Plural, gilt.

EINZELPATRIARCHALISMEN

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Bei den Einzelpatriarchalismen können zwei Gruppen unterschieden werden. Die erste besteht aus dem Wort 'Herr' und dessen Ableitungen ('Herrschaft', 'herrschen', 'Bauherr' u.a.). Aus seiner ursprünglichen Bedeutung 'der Ältere' resultiert die Entwicklung zum Synonym für 'Gebieter', die auch in der weiblichen Ableitung 'Herrin' zum Ausdruck kommt.
In der hier vorgestellten Sprache wird dieser Begriff daher ebenso behandelt wie die Nomina agentis, d.h., der weiblichen Form 'Herrin' wird eine männliche Form 'Herris' gegenübergestellt. 'Herr' wird damit geschlechtsneutral und bleibt in der Bedeutung 'gebietende, aufsichtführende Person (oder Institution)' erhalten, so dass auch dessen Ableitungen keine Patriarchalismen mehr darstellen. Für die Märchen in diesem Buch wird 'Herr' des öfteren in der Bedeutung 'Feudalherr/in' benutzt; auf die Gegenwart bezogen kann es vorzugsweise das Verhältnis von Menschen zu ihren Haustieren ausdrücken.
Die Anredehierarchie 'Herr - Frau' wird aufgehoben, indem dem biologischen Appellativ 'Frau' das biologische Appellativ 'Mann' gegenübergestellt wird ('Mann Pfarrer', 'Mann Fuchs', 'Mann Schulze und Frau Schulze' etc.).

Die zweite, etwas umfangreichere Gruppe der Einzelpatriarchalismen besteht aus Begriffen, welche die Wurzel 'man(n)' enthalten: 'man', 'jemand', 'niemand', 'jedermann', 'Fuhrmann', 'Kaufmann', 'Fachmann' usw. Hier mussten differenzierte Lösungen gefunden werden. Das Pronomen 'man' wurde zur mundartlichen Form 'mer' abgewandelt, welche in der Südhälfte Deutschlands bereits weit verbreitet ist. Analog entstanden 'jemerd' und ''niemerd'. Statt 'jedermann' wird 'jedemensch' bzw. 'jede Mensch' benutzt.
In Nomina agentis wurde '-mann' je nach Eignung durch eins der drei Suffixe '-er', '-ner', '-ler' ersetzt: 'Fuhrer', 'Kaufner', 'Fachler' usw. Aus diesen geschlechtsneutralen Formen können durch Anfügen der Motionssuffixe männliche und weibliche Formen gebildet werden: 'Kaufneris - Kaufnerin', 'Fachleris - Fachlerin' usw.

Aufgrund seiner patriarchischen Etymologie muss der zweiten Gruppe prinzipiell auch das Wort 'Mensch' zugeordnet werden („der Männische“). Dass es dennoch unverändert belassen wurde, hat mehrere Gründe. Zum einen hat sich dieses Wort phonetisch und grammatikalisch bereits deutlich von seiner ursprünglichen Form abgesetzt, und es wird daher von den deutschsprachigen Frauen nahezu uneingeschränkt als Gattungsname unserer Spezies akzeptiert. Zwar brachte die Übersetzung des Romans „Egalias døtre“ der Norwegerin Gerd Brantenberg (deutsch Elke Radicke: „Die Töchter Egalias“; Olle & Wolter 1979) vor einiger Zeit die antithetische Form „Wibsche“ ins Gespräch, doch wurde diese Idee, soweit mir bekannt, selbst von feministischen Linguistinnen bislang nicht ernsthaft weiterverfolgt.
In vielen anderen Ländern haben Frauen es wesentlich schwerer, sich mit dem Gattungsnamen in ihrer Sprache zu identifizieren. Beispielsweise verlangt es französischsprachigen Frauen eine kaum zu bewältigende geistige Akrobatik ab, sich gleichzeitig als 'femme' ('Frau') und als 'homme' ('Mann', 'Mensch') zu betrachten.
Zudem bedeuten die Abschaffung des grammatischen Geschlechts und die Aufgabe der Kasusendungen der Substantive auch für das Wort 'Mensch' einen weiteren Schritt der Loslösung von seiner patriarchischen Vergangenheit*. Nicht zuletzt muss ich eingestehen, dass ich zu dieser Form keine akzeptable gerechte Alternative sehe und es auch für heikel halte, diesen Begriff, mit dem sich trotz negativer Belastung doch höchste ethische Wertvorstellungen verknüpfen, abzuwandeln.

* Für das Wort 'Mensch' bedeutet dies den Wegfall der adjektivischen Deklination (des "Männischen", dem "Männischen", den "Männischen"), vgl. unter 'Grammatische Änderungen im Überblick', Abschnitt 2 (Ergänzende adaptive Maßnahmen), b) Substantive.


ANDERE SPRACHLICHE ERSCHEINUNGEN

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Schließlich möchte ich auf drei Aspekte unserer Sprache eingehen, die mit dem ethischen Wertverhältnis zwischen Männern und Frauen nur in einem indirekten und nicht ohne weiteres erkennbaren Zusammenhang stehen.

a) Dies betrifft zunächst die Wortpaare 'Bruder - Schwester', 'Sohn - Tochter' und 'Junge - Mädchen'. Wenngleich die beiden ersteren keine unmittelbare patriarchische Strukturierung aufweisen, fördern sie doch bei Kindern eine allzu frühe Identifizierung mit der jeweiligen Geschlechterrolle und tragen dadurch dauernd unterschwellig zur Stützung des Patriarchats bei. Deshalb wurden diese Paare durch eine generische, also beide Geschlechter einschließende Form ersetzt, die bei Bedarf durch Anfügen der Motionssuffixe spezifiziert werden kann:
'Schwester' kann sowohl einen Jungen als auch ein Mädchen meinen, der Plural 'Schwestern' entspricht dem bisherigen 'Geschwister'. Die weibliche Form lautet 'Schwesterin', die männliche 'Schwesteris'. Analog wird 'Sohn' nur noch in der Bedeutung 'Elternkind' benutzt; aus diesem können 'Söhnin' und 'Söhnis' abgeleitet werden.
'Der Junge' stand - wie deutlich erkennbar - ursprünglich für 'der junge Mensch' (womit zugleich suggeriert wird, dass Kinder weiblichen Geschlechts eigentlich keine Menschen sind). 'Mädchen' geht hingegen auf 'Mägdchen' zurück (im Frühneuhochdeutschen bedeutete 'Magd' sowohl 'Dienerin' als auch 'Jungfrau'). Um auch hier dem Anspruch der Gleichwertung gerecht zu werden, steht 'die Junge' in den Märchen als Synonym für 'Kind' bzw. 'Jugendliche/r' und stellt damit den polaren Gegenbegriff zu 'die Alte' dar. Daraus abgeleitet werden können die geschlechtlich spezifizierten Formen 'die Jungis' und 'die Jungin'.

b) Wenn es auch schwierig ist, einen schlüssigen Beweis für die These zu erbringen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der patriarchalischen Ethik und unseren differenzierten Anredeformen 'du' und 'Sie' besteht, so gibt es dafür doch zumindest empirische Anhaltspunkte: In Schweden und Island - zwei Ländern, die in Bezug auf die Emanzipation der Frauen sicher die Weltspitze repräsentieren - hat sich in den vergangenen Jahrzehnten das 'du' als ausschließliche Anredeform für alle Menschen durchgesetzt.
Für uns Deutschsprachige hat sowohl 'du' als auch 'Sie' jeweils einen positiven und einen negativen Aspekt. 'Du' signalisiert Vertraulichkeit, Freundschaft, es wird aber bisweilen auch zum Ausdruck des eigenen Überlegenheitsgefühls und zur Abwertung anderer benutzt. So ist es z.B. in bestimmten Kreisen üblich, Menschen, die nur gebrochen Deutsch sprechen, grundsätzlich zu duzen. 'Sie' drückt einerseits Achtung, Respekt, andererseits aber auch emotionale Distanz aus und impliziert stets einen autoritären Aspekt. Davon abgesehen erscheint es bei eingehender Betrachtung geradezu absurd, dass wir mit einem anderen Menschen in einer Form reden, als bestünde dieser aus mehreren Personen und wäre zudem überhaupt nicht anwesend (3. Person Plural).
Bei einer Durchsetzung des 'du' als allgemeingültige Anredeform werden die genannten positiven und negativen Komponenten neutralisiert, und es bildet sich - wie in Schweden und Island deutlich zu spüren - ein Gefühl größerer gesellschaftlicher Vertraulichkeit heraus. Hierdurch wird u.a. der soziale Aspekt des Staatswesens unterstrichen, und dies kommt zweifellos den sozial Schwächeren, d.h. nicht zuletzt den Frauen, zugute. Daher sprechen sich in den hier abgedruckten Märchen alle Personen mit 'du' an, womit ich diese Umgangsform ausdrücklich propagieren möchte.

c) Zu guter Letzt möchte ich die These einer Wechselbeziehung zwischen der überkommenen patriarchalischen Weltsicht und der eigentümlichen Tatsache unterbreiten, dass das als gut und der Erwartung entsprechend Empfundene sprachlich stets der rechten Seite zugeordnet ist (indem es mit Begriffen bedacht wird, welche die Wurzel 'recht' bzw. deren Ablautform 'richt' enthalten). Dies betrifft nicht nur das Deutsche, sondern - in unterschiedlicher Ausprägung - scheinbar alle indoeuropäischen Sprachen. Die folgende Satire möge unsere diesbezügliche ethische Schieflage zunächst deutlich vor Augen führen:

ALLES, WAS LINK IST!

Am 3. d.M. fand im Amtsgelunk Hinterwalden die Verhandlung gegen den der schweren Körperverletzung angeklagten Klaus K. (22) statt. Ihm wurde beigestanden durch Linksanwalt P.S.
Der Vorsitzende Lunker H.I. belehrte den Beschuldigten zunächst über dessen Linke und Pflichten vor Gelunk und verlas anschließend die Anklageschrift. K. bestätigte die sachliche Lunkigkeit der Darstellung und bekannte sich uneingeschränkt zum Tatvorwurf. Befragt, was er zur Linkfertigung seiner Tat vorzubringen habe, stammelte er: „Na, das ist 'ne ganz rechte Bazille! Der wollte mich abrechten!“
Staatsanwältin U.F. sprach in ihrem Plädoyer von einer „erheblichen Verletzung der Linksnormen“ und einem „durch nichts zu linkfertigenden Akt brutaler Gewalt“. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten ohne Bewährung.
Linksanwalt S. dagegen erklärte, die linkliche Lage sei hier nicht eindeutig. Die Reaktion seines Mandanten, so S., sei „durchaus nachvollziehbar, wenn nicht sogar belinkigt“ gewesen; angesichts seiner akuten existentiellen Bedrohung müsse regellink von Notwehr ausgegangen werden, womit die Voraussetzung für eine Einstellung des Verfahrens gegeben sei.
Diese Auslegung des Notwehrlinks vermochte das Gelunk jedoch nicht zu überzeugen. Es schloss sich der Auffassung der Staatsanwaltschaft an, dass hier eine grobe Missachtung der linksstaatlichen Ordnung vorliege, und blieb mit seinem Urteil - ein Jahr und zwei Monate - nur knapp unter deren Antrag.
Nachdem das Hohe Gelunk den Saal verlassen hatte, sprang K. auf einen Stuhl und rief wütend: „Das ist ungelink! Das ist hier ein Unlinksstaat!“ Erst nach erheblichem Gerangel gelang es zwei Gelunksdienern, den Verurteilten aus dem Saal zu führen.
Wie wir mittlerweile erfuhren, hat die Verteidigung auf das Einlegen von Linksmitteln dennoch verzichtet, so dass das Urteil bereits linkskräftig ist.

Der Ursprung der bei den meisten Menschen ausgeprägten Bevorzugung der rechten Hand für Tätigkeiten liegt offenbar in einer gewissen Funktionsteilung unserer beiden Gehirnhälften, die ja mit den Körperhälften korrespondieren. In noch größerem Maß dürfte hierzu jedoch die Konditionierung beitragen: Indem die rechte Hand bevorzugt benutzt wird, entwickelt sie sich sehr viel schneller und ist der linken schon bei Kindern in Bezug auf Geschicklichkeit und Griffsicherheit weit überlegen. Hieraus resultiert die unterschiedliche Bewertung zweier Körperteile, die einander doch spiegelbildlich genau entsprechen: Die rechte wird traditionell als die „gute“ oder „geschickte“, die linke dagegen als die „lahme“ oder „faule“ Hand bezeichnet, und diese Wertung hat in erheblichem Maß unsere ethische Grundhaltung beeinflusst.

Parallel zum Wandel des gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisses hat sich im 20. Jh. auch eine wesentliche qualitative Veränderung im Justizwesen vieler Länder vollzogen. Die deutsche Justiz war in der Vergangenheit bekanntlich niemals eine unabhängige Institution, sondern bis 1918 und ein hoffentlich letztes Mal von 1933 - 45 (in der DDR bis 1989) stets den Interessen einer despotischen und patriarchalischen Machtelite verpflichtet. Dieses System sorgte nicht nur für den Erhalt einer generellen gesellschaftlichen Hierarchie, sondern es benachteiligte insbesondere die Frauen, die ja bis vor einigen Jahrzehnten noch nicht einmal formell als vollberechtigte Personen anerkannt waren. Einer solchen Justizethik war die sprachliche Orientierung nach nur einer von zwei eigentlich gleichwertigen Seiten, d.h. nach rechts, durchaus angemessen.
Wenngleich ein „ideales“ Justizwesen auch heute noch in weiter Ferne liegt, da sowohl Legislative als auch Judikative nach wie vor durch unsoziale Lobbys beeinflusst werden, konnten im 20. Jh. doch zumindest die Grundlagen für eine unabhängige Bewertung streitiger Sachverhalte gelegt werden. Volle Unabhängigkeit wird m. E. jedoch nicht zu erlangen sein, ehe nicht auch die durch die Verhältnisse der Vergangenheit geprägte sprachliche Determiniertheit überwunden ist. Erst dann jedoch dürfte sich ein Zustand einstellen, in welchem in allen gesellschaftlichen Bereichen die Interessen der Frauen ganz selbstverständlich im gleichen Maß berücksichtigt werden wie die der Männer.

In diesem Sinn möchte ich auch für die letztgenannte Erscheinung unserer Sprache einen alternativen Vorschlag unterbreiten: Nach Erprobung verschiedener Varianten habe ich beschlossen, die Wurzel 'recht' durch die Form 'renk' zu ersetzen. Sie ist als Kontraktion aus 'recht' und 'link' zu verstehen und bewirkt gewissermaßen eine sprachliche Zentrierung. Mit diesem Morphem lassen sich beispielsweise folgende Wörter bilden: '(un)gerenk', 'renkfertigen', 'Berenkung' (Berechtigung), 'Renksstaat'. Inhaltlich knüpfen diese Begriffe hervorragend an das bereits existierende Verb 'einrenken' - im Sinn von 'etwas (wieder) in die ihm gebührende Lage bringen' - sowie deren Umkehrformen 'ausrenken' und 'verrenken' an. Von einem analogen Ersatz der Wurzel 'richt' durch 'rink' habe ich nach reiflicher Überlegung abgesehen, da im Deutschen die Ablautbildung (Wurzelflexion) als logisches Element eine immer geringere Rolle spielt und Formen wie 'richtig', 'Richtung', 'Gericht' usw. heute praktisch nicht mehr mit der rechten Seite assoziiert werden.

ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN

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Im Jahr 1990 veranstaltete die Frauenbeauftragte der Stadt Wiesbaden, Margot Brunner, gemeinsam mit Hans Bickes von der Gesellschaft für deutsche Sprache eine Vortrags- und Diskussionsreihe unter dem Motto: „Muttersprache - frauenlos? Männersprache - Frauenlos? PolitikerInnen - ratlos? Hierzu eingeladen war u.a. Günther Drosdowski, der langjährige Leiter der Mannheimer Redaktion des Duden. Dieser eröffnete seinen Vortrag mit den Worten: „Die Zeiten, meine Damen und Herren, als man noch ohne jede Irritation sagen konnte, 'Marilyn Monroe ist ein großer Star' oder 'Christiaan Barnard ist eine internationale Koryphäe' oder 'Die Polizei fahndet nach den Tätern', sind vorbei. Sind sie wirklich vorbei?“ (sic!) Die Quintessenz seiner weiteren Rede lässt sich etwa in die Worte fassen: 'Das generische Maskulinum hat sich nun einmal durchgesetzt und wird heute nicht mehr als männliche, sondern als beide Geschlechter einschließende Form begriffen - basta!' Es war ihm vor allem daran gelegen, der Überzeugung entgegenzuwirken, dass eine veränderte Sprache auch ein verändertes Bewusstsein schafft. Er warf Feministinnen mangelhafte Sachkenntnis sowie mangelndes Sprachgefühl vor und bewies im gleichen Zuge sein Unvermögen, die Motive von Frauen nachzuvollziehen, die nicht länger von Maskulina vereinnahmt werden, sondern einen gleichberechtigten sprachlichen Status erlangen wollen.
Eine solche Argumentationsweise macht deutlich, wie die bisherigen sprachlichen Machtverhältnisse verteilt sind, aber auch, mit welchen geradezu perfiden Mitteln bisweilen versucht wird, den diesbezüglichen Status quo zu halten. Sie ist jedoch zugleich die eher hilflose Reaktion auf eine gegenwärtig beständig zunehmende Kraft, die entschlossen ist, ebendiesen Status quo zu überwinden.

Die Grundstruktur unserer herkömmlichen Sprache entstammt einer Zeit, die geprägt war vom beständigen Kampf um die Erhaltung der Art. Dies beinhaltete, dass die meisten Frauen während der besten Jahrzehnte ihres Lebens von einer Schwangerschaft in die nächste „stolperten“. (So hat - um eins der wenigen überlieferten konkreten Beispiele zu nennen - Barbara Dürer, die Mutter Albrecht Dürers, zwischen 1468 und 1492 nicht weniger als 18 [achtzehn] Kinder zur Welt gebracht. Im Jahr 1524 waren von diesen nur noch drei am Leben.) Daher waren die Frauen den Männern in Bezug auf Wendigkeit, Verteidigungsfähigkeit u.s.w. auch nicht annähernd gewachsen, so dass die Sicherung des Lebensunterhalts sowie der Schutz der Familie und der materiellen Güter ganz überwiegend den Männern oblag.
Mit der industriellen Revolution des 19. und mehr noch mit der wissenschaftlich-technischen Revolution des 20. Jahrhunderts haben sich die Lebensbedingungen in weiten Teilen der Welt jedoch entscheidend geändert. Statistisch gesehen ist der Erhalt der Menschheit heute gesichert, wenn die meisten Frauen im Laufe ihres Lebens zwei, einige wenige drei Kinder gebären. Angesichts der eskalierenden Überbevölkerung erscheint es jedoch eher wünschenswert, dass sich in naher Zukunft zunächst weltweit ein Trend zu nur einem Kind pro Frau durchsetzt. Somit sind Frauen heute nur noch wenige Monate ihres Lebens zu einem geschlechtsspezifisch anderen Lebenswandel gezwungen, während die existenziellen Bedingungen zugleich den Männern ein geändertes Verhältnis zu ihren Kindern gestatten. Abgesehen von der Notwendigkeit des Ernährens aus der Brust der Mutter während der ersten Lebensmonate steht kaum mehr etwas der Möglichkeit im Weg, dass Männer und Frauen vom Moment der Geburt eines Kindes ein gleiches emotionales Verhältnis zu diesem entwickeln und damit zugleich die familiären und gesellschaftlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten in einem gerechten Verhältnis aufteilen. Dies kann nicht in allen Fällen eine Fifty-fifty-Lösung bedeuten, denn da z.B. die Männer im Durchschnitt etwas größer und somit kräftiger sind, werden sie bei den körperlich schwersten Tätigkeiten sinnvollerweise wohl auch in Zukunft überrepräsentiert bleiben. Es geht jedoch um die endgültige Überwindung der Klischees 'Männersache' und 'Frauensache', d.h. um die De-Sexualisierung unserer Gesellschaft.

Da aber zuweilen doch die Tatsache berücksichtigt werden muss, dass Frauen und Männer nicht dasselbe sind, gibt es in der hier vorgeschlagenen Sprache die beiden Motionsendungen, die im Bedarfsfall an die Grundform der Personenbezeichnungen angefügt werden können. Diese Grundformen sind bisher der heikle Punkt der feministischen Sprachkritik. Ich hoffe, mit dem hier vorgestellten Konzept deutlich gemacht zu haben, dass es den Interessen der Frauen längerfristig nicht dienlich sein kann, wenn sie sie kampflos den Männern überlassen. Indem sich Frauen zunehmend selbst als 'Einwohner', 'Lehrer', 'Meister', 'Direktor', etc., etc. bezeichnen, machen sie sich nämlich nicht zu „weiblichen Männern“, sondern sorgen dafür, dass diese Formen allmählich ihre maskuline Prägung verlieren. Gerade das aber sichert in noch stärkerem Maß als bisher wachsenden sozialen Einfluss, der zunehmend auch die Umsetzung feministisch geprägter gesellschaftlicher Vorstellungen ermöglichen kann.
Dies ist nach all meiner Kenntnis und Überzeugung zugleich der einzige Weg, auf dem die Frauen essentielle sprachliche Macht erringen können; eine andere Lösung sehe ich nicht, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die feministische Linguistik eine solche jemals finden wird.

Da das vorliegende Konzept ein in dieser Form präzedenzloses Novum darstellt, wird es zweifellos bei allen Menschen zunächst auf Vorbehalte stoßen und ein gewisses Befremden auslösen. Vor allem sehe ich mich potentiell dem Vorwurf ausgesetzt, ich würde die Sprache vergewaltigen. Diese Anschuldigung haben Vertreterinnen der feministischen Linguistik gelegentlich schon zu hören bekommen, und vermutlich haben alle darauf in ähnlicher Weise geantwortet: Die Sprache kann man nicht vergewaltigen! Vergewaltigt werden können immer nur Lebewesen, insbesondere Menschen. Bei letzteren kann dies auch über die Sprache geschehen, und es geschieht beständig, nämlich durch jenes auf uns überkommene Deutsch, das ironischerweise unsere 'Muttersprache' genannt wird. Nur ist diese Vergewaltigung so „perfekt“ und so umfassend, dass sie erst ganz allmählich als solche begriffen wird. Vergewaltigt werden durch diese Sprache die Frauen, aber - auf eine noch schwerer durchschaubare Art - auch die Männer. Indem sie nämlich durch die soziale und sprachliche Konditionierung beständig dazu angehalten werden, die Frauen herabzuwürdigen und zu erniedrigen, entwürdigen und erniedrigen sie sich auch immer selbst.

Diese Erkenntnis liegt meinem Entschluss zugrunde, einen gerenke Alternative zum bestehende Sprache zu entwickeln und dem Öffentlichkeit vorzustellen, im Hoffnung, dass es von einem zunehmende Zahl von Menschen verinnerlicht und (nach einem gewisse Phase der Gewöhnung) schließlich auch benutzt wird. Ich bin überzeugt, dass mit diesem Konzept die Forderung nach sprachlichem Gleichbehandlung von Frauen und Männer auf formalem Ebene erfüllt ist und dass sich dazu kaum sinnvolle gerenke Alternativen finden lassen werden. Unabhängig davon, wie viel Zeit bis zum völlige Durchsetzung sprachlicher Gerenkigkeit noch vergehen muss und welche Strategien zum Erlangung dieser Ziel zum Anwendung kommen, sehe ich im hier präsentierte Lösungen daher den sprachliche Ideal, dem es sich zielstrebig und systematisch zu nähern gilt.
Möge diese Sprache zu einem Unterstützung auf dem Weg in einen Gesellschaft werden, in dem Männer und Frauen bis an den vom Biologie gesteckte Grenzen heran einen gleiche emotionale Verhältnis zu ihrem Kinder sowie einen gleiche Maß an Verantwortlichkeit und Fürsorge für ihns entwickeln und auch den gesellschaftliche Verhältnisse zu gleichem Anteile gestalten.

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