Das ist die Antwort auf Beitrag 19978916

EURA-Diskussionsforum

Re: Eura
Hallo Herr Dieckmann,

vielen Dank für Ihren Eintrag. Habe ihn leider eben erst entdeckt, da ich über Neueinträge, sofern sie nicht die Antwort auf einen bereits vorhandenen Beitrag sind, keine Benachrichtigung erhalte.

Nun ja, Versuche einer Vereinfachung bzw. "Modernisierung" des Latein hat es schon sehr viele gegeben. Hier eine unvollständige Auswahl:
Mundolinco (1888), Nov Latin (1890), Lingua Komun (1900), Universallatein (1902), Latino sine flexione (1903), Latino Commerciale (1904?), Latino Internationale (1910), Nove latine (1910), Semilatin (1910), Lingua Internationale (1911), Interlatino (1912), Neo-Latin (1917), Neolatine (1922), Latuna (1924), Latinesco (1925), Latino viventi (1925), Latin Simplificat (1930), Latin moderno (1931), Nonsine (1932), Selbstgemachte Weltsprache (1934), Neolatinus (1939), Latini (1941), Latinum universale (1947), Novilatin (1948), Europa Latine (1948), Neulateinische Sprache (1956), Eurolingva (1962), Neu-Latein (1971). Meine Übersicht endet 1973.
Im weiteren Sinne können dazu auch die unzähligen überwiegend oder ausschließlich auf den romanischen Sprachen basierenden Projekte sowie Esperanto mit seinen Dutzenden von Derivaten gezählt werden.

Meiner Meinung nach wird ein solcher Ansatz der gegenwärtigen und der künftigen Europäischen Union, die ja nicht nur von romanischen, sondern jeweils mit einem starken Anteil auch von germanischen und baltoslawischen sowie zu einem geringeren Teil von finnougrischen Sprachen geprägt ist, nicht gerecht.
Ich glaube, wenn überhaupt eine Plansprache eine Chance hat, sich als neutrale Zweitsprache innerhalb der EU durchzusetzen, so wird es eine sein, die bezüglich des Vokabulars die Balance zwischen breitestmöglicher Assoziierbarkeit und sprachlicher Gerechtigkeit findet und bezüglich Grammatik, Orthografie usw. auf dem Prinzip größtmöglicher Effizienz und Klarheit aufbaut.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Behlert

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Re: Eura
Hallo Herr Behlert,

Ihr Sprachprojekt basiert grammatikalisch stark auf dem Esperanto, hat entsprechend auch die Vor- und Nachteile dieser Plansprache. Ich finde, dass Ido die unschönen Lauterscheinungen und Schreibweisen des Esperanto beseitigt hat, genau wie in der Eura-Sprache, doch kann ich im Vergleich dazu Ido besser verstehen, ohne hier allzu viele Wörter im Lexikon nachzuschauen. Die Idee, den Wortschatz einer Plansprache aus mehreren europäischen Sprachen zu kompilieren, ist vom Ansatz her nicht schlecht, doch habe ich es in meiner Sprache vermieden, rein willkürlich Wörter aus verschiedenen Sprachen zu mischen. Die russischen Wörter sind Ergänzungen, um Homonyme, die im Lateinischen auftreten, zu vermeiden und ein schönes Klangbild zu erzeugen. Auch habe ich die griechisch-lateinischen Dubletten zugunsten eines Wortes zurückzudrängt, z. B. "hyper" statt "super". Blindlings internationale Begriffe zu entlehnen ist zwar schnell gemacht, aber kein Fortschritt in dem Sinne, einen Wortschatz aus einem Guss zu erstellen.

Ich habe mir Ihr Sprachbeispiel angeschaut und es in die Lingua Eurana übertragen. Die Grammatik ist ans Lateinische angelehnt, doch muss man sie anfangs lernen, z. B. -eba (Imperfektendung), -m (1. Person Singular), -mi (1. Person Plural), -i (Pluralzeichen) etc. Ohne eine gewisse Eingewöhnungszeit geht es nunmal in keiner Sprache. Sie werden die russischen Wörter gewiss schnell identifizieren. So manche griechische Wörter habe ich in dem Text auch "versteckt". Viel Spaß beim Lesen.

Einen schönen Gruß

Klaus Dieckmann


"Bona dió! Volam vé préjente ma familó: Eta je ma gamélu Magda. Havemi dua ídi: Eta jei dotu Fabia cai filu Jan. Paedélu age dezotria godi cai filu age deza godi. Mé clame Robert. Hadia je sonsodiu, dai una janaru. Jesta eba ergo dai trintuna dezomensu, lasta diu da sena godu. Festebami finogodó con tota familu. Ham ma sorelu cai fratu da Magda, tantu cai ziu da mia ídi, po ebai. Hadia dormebami longada. Meta midedu déambebami a trana parcu. Sedo extera face otshen friga, snege cai ventose. Je meza zimadu cai dii jei otshen curtada. Cum fa révenemi en varma camu, fa shodemi fatiga pronta. Meta hespedu jesho teloviderami un poca, sedo probibila moxa procuberami. Morga jera lunodiu, ma gamélu cai mu deberai surleve frua, coso dé nova vaderami a rabotanju. Ídi licerai dorme longadora, coso jesho havai vacenti. Scolu sola archera in vododiu. A rividó in febraru."

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Re: Eura
Hallo Herr Dieckmann,

den Vorwurf, ich hätte "rein willkürlich Wörter aus verschiedenen Sprachen" gemischt, kann ich nun wirklich nicht auf mir sitzen lassen. Tatsächlich habe ich jede einzelne Vokabel in recht mühevoller Arbeit nach Vergleich von etwa 30 Wörterbüchern und Vokabelverzeichnissen ausgewählt. Dabei habe ich stets jene Formen gewählt, die die größte Verbreitung haben. Nur bei Begriffen, die wirklich in jeder Sprache anders heißen, habe ich bevorzugt auf kurze (möglichst einsilbige) Stämme aus einer der "Randsprachen" (Türkisch, Albanisch, Ungarisch, Estnisch, Finnisch, Litauisch, Lettisch) zurückgegriffen.
Eine Kombination von lateinischen mit russischen(!) Vokabeln finde ich dagegen sehr viel willkürlicher. Das möchte ich Ihnen an einem anschaulichen Beispiel verdeutlichen, nämlich dem Begriff 'Schwester'. Die von Ihnen gewählte Form 'sorelu' kann nur von den Sprechern einer einzigen europäischen Sprache leicht assoziiert werden, nämlich denen des Italienischen (sorella). Die Form 'sesto', für die ich mich entschieden habe, ähnelt dagegen der jeweiligen Form in sehr vielen, um nicht zu sagen in den meisten europäischen Sprachen: sestra (ru, bg, mk, sr-hr, sl, bs, cs, sk, ua), siostra (pl), sesuo (lt), Schwester (dt), zuster (nl), søster (da, no), syster (sv), sister (en). In Eura ist dieses Wort also für ca. zwei Drittel der Europäer äußerst leicht zu erkennen und zu merken, in Lingua Eurana dagegen nur für einen sehr geringen Prozentsatz.
Davon abgesehen aber werden Sie festgestellt haben, dass es zwischen Ihrem und meinem Text gar nicht wenige Ähnlichkeiten gibt. Das liegt vor allem daran, dass ich natürlich auch die romanischen Sprachen sowie das lateinische Erbe gebührend berücksichtige.
Die Grammatik des Esperanto ist einfach genial; daran gibt es nur wenig zu verbessern, und diese ist gewiss nicht der Grund dafür, dass sich Esperanto nie ganz durchsetzen konnte, sondern sie ist im Gegenteil wohl eher maßgeblich dafür mitverantwortlich, dass Esperanto die bislang erfolgreichste Plansprache ist. Jedes essentielle Abweichen von diesen Prinzipien kann nur willkürlich sein und damit zu einer Komplizierung und Verschlechterung führen.
Selbiges gilt für die Schreibung. Das Prinzip 'Ein Laut - ein Buchstabe, ein Buchstabe - ein Laut' ist nicht zu übertreffen; es ist gewissermaßen der Endpunkt der vieltausendjährigen Entwicklungsgeschichte der menschlichen Schrift. Allerdings konnte dieses Prinzip im Esperanto noch nicht hundertprozentig umgesetzt werden; das habe ich erst im Eura geschafft. Die Tatsache, dass einige Schreibungen ungewohnt wirken, wiegt dabei bei weitem nicht die Vorteile einer konsequent phonetischen Schreibung auf der Grundlage des lateinischen Basisalphabets auf.
Im Ido wurde der Lautstand des Esperanto, d.h. die Gesamtheit der auftretenden Phoneme, bis auf eine Kleinigkeit (Eliminierung des Phonems χ) ja nicht verändert; lediglich an ihrer Häufigkeit und Schreibung wurde gearbeitet - was insgesamt jedoch keineswegs eine Verbesserung, sondern nur eine mehr oder weniger willkürliche Anpassung an westlich-romanische Gepflogenheiten darstellt.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme neue Woche

Matthias Behlert

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