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Jose Rizal

Tenne

pauker.at

Deutsch
2010-07-19
Verben

Einige grundsätzlichen Überlegungen zum Vergleich von tagalischen und deutschen Verben.

Evidente Unterschiede in der Grammatik sind die fehlende Personen-/Numerusflexion und die fehlenden Modi (nicht zu verwechseln mit Modalität, die in ausgeprägter und für einen Anfänger schwer zu erfassenden Form vorliegt) der Verben im Tagalog.

Demgegenüber steht die sich in der Argumentstruktur der Verben wiederspiegelnde Unterscheidung in "Passiv"- und "Aktivverben". Diese allgemein in der Literatur verwendete Bezeichnung ist genauso irreführend wie die Verwendung des Begriffes "Infinitiv" für die Grundform eines Verbes. Alle Verbformen im Tagalog sind, von einigen Pluralformen abgesehen, infinit.

Parallelen ergeben sich in der Tempusflexion, die im Tagalog allerdings paradigmenhafter wie im Deutschen ist.

Anhand des Beispiels "essen" einige Ausführungen.

Der Präsensform "Ich esse Reis" entsprechen zwei Übersetzungen ins Tagalog:

1. Kumakain ako ng kanin. ("Aktiv")

2. Kinakain ko ang kanin. ("Passiv")

Auf den ersten Blick erscheint Satz 1 die treffende Wahl zu sein. Eine Übersetzung von Satz 2 - so könnte man vermuten - wäre "Der Reis wird von mir gegessen". Dies ist mitnichten der Fall. Sowohl in Satz 1, wie in Satz 2 ist "ako" respektive "ko" der aktive Täter. Semantisch besteht keinerlei Unterschied in der "Aktivität" des "Ichs". In vielen Fällen ist der Täter des "Passivsatzes" sogar "aktiver" wie im analogen "Aktivsatz".

Womit ich beim nächsten Schlagwort in der Literatur bin: Fokus. Darunter kann man sich zunächst garnichts vorstellen; hauptsächlich, weil diese Tatsache keine grammatikalische Entsprechung im Deutschen hat. In Satz 1 ist der Fokus "ako". In Satz 2 "ang kanin". In beiden Fällen kann man von "Subjekt" sprechen, was allerdings auch nicht besonders weiterhilft, da Subjekt und Prädikat im Tagalog austauschbar sind.

1. Ansatz

Rückgriff auf die im Deutschen infinite Verbform des Partizips. Die Übersetzung klingt dann etwas hölzern, aber sie trifft den semantischen Inhalt -insbesondere den Unterschied- meines Erachtens am besten.

1. Essendes Ich mit Reis.

2. Reisessendes ich.

Das klingt im Deutschen merkwürdig, aber die im inneren Auge durch diese Übersetzung ausgelöste Assoziation entspricht wohl am ehesten der semantischen Bedeutung im Tagalog. In Satz 1 ist mein vorgestellter Fokus das "essende ich", während der Fokus in Satz 2 der Reis ist, wie er dampfend in den Mund geschoben wird.

Eine sprachliche Zumutung entsteht erst, wenn man diese Form der Übersetzung im Präteritum fortführt.

1. Kumain ako ng kanin =??

Ich war ein essendes Ich mit Reis (????Essenwarendes Ich mit Reis)

2. Kinain ko ang kanin =??

Ich war ein reisessendes ich (????Reisessenwarendes Ich)

Klingt nicht nur schrecklich, sondern ist auch weiter von der semantischen Bedeutung im Tagalog entfernt, da sich das unschöne Hilfsverb "war" eingeschlichen hat und somit die Assoziation in beiden deutschen Sätzen ihren Fokus auf "ich" hat.

 

2. Ansatz

Konstruktionen mit VP-Verben (also Verben deren Fokus das Tatobjekt ist) sind weitaus häufiger. Die in der Literatur oftmals gezogene Schlussfolgerung, das der Agierende deswegen eine geringere Bedeutung wie in indogermanischen Sprachen hat, halte ich für nicht ausreichend. Vielmehr sehe ich darin die Tatsache, das Tagalog vorwiegend eine gesprochene und keine geschriebene Sprache ist. Der Agierende gewinnt seine Betonung schon durch den Sprecher. Sei es, weil er selbst der Agierende ist oder durch seine Beziehung zum Täter. Eine syntaktische Betonung ist oftmals nicht erforderlich bzw. das Tatobjekt ist interessanter, da die Person ja bekannt ist oder völlig unbekannt und dann ist sie wiederum uninteressant.

Die VA-Verben sehe ich als Aktions-oder Zustandsverben, die oftmals semantisch eher ein Attribut als die Tätigkeit des Fokus sind. Eine für das Verständnis möglicherweise hilfreiche Entsprechung im Deutschen ist das schreckliche "tut" (schon meine Grundschullehrerin tute sagen: "Mit tut haben wir nichts am Hut"), wenngleich die Ursache der umgangssprachliche Verwendung von "tun" mehr in der Konjugations-Faulheit (oder -Unfähigkeit?) des Sprechers liegt.

Tust du etwas? --- Oo. Kumakain ako ng kanin.

Was tust du? --- Kinakain ko ang kanin.

 

3. Ansatz

Vielleicht gibt es keine "echten" Verben im Tagalog, sondern nur Partizipien. Was natürlich zu der Frage führt, ob es im Deutschen "echte" Verben gibt. Von meinem Sprachgefühl ausgehend, ist der semantische Unterschied zwischen der Benutzung einer finiten Verbform und dem -zugegebenermaßen oftmals merkwürdig klingenden- Partizip gering. Lediglich in einfachsten Subjekt-Prädikat-Sätzen ("Ich lache." "Du isst.") ist die Tätigkeit der Mittelpunkt des Satzes. Ansonsten ist das Verb abstrakt gesprochen lediglich der Mittler, der die Relationen zwischen den verschiedenen Satzteilen festlegt. 

 

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